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Freier Fall nach oben
Fotos: Volker Beushausen

Freier Fall nach oben

Lesedauer: ca. 2 Min. | Text: Karoline Jankowski

„Ich bin Christina Honsel und mache Leistungssport hochsprung“ – Wir treffen die 26-jährige Dorstenerin, die uns mit der Herzlichkeit eines Sommertages begrüßt. Ohne Scheu spricht sie über die Höhen und Tiefen des rasanten Sportlebens.

Es ging vom LG Dorsten zum TV Wattenscheid – warum?

Die Dorstener Vereinslandschaft war mir eine hervorragende Schule, hier gewann ich meine erste deutsche Meisterschaft. Das Ding ist: je professioneller man werden möchte, desto spezialisierter werden die Anforderungen. Deswegen Wattenscheid, hier gibt es eine starke Hochsprunggruppe und das Training hat ein anderes Niveau als in „normalen Vereinen“. Das hat weniger mit der Qualität der Vereine zu tun, sondern eher damit, dass sie oft nicht die gleichen Ressourcen bieten können. Ein Beispiel: Der LG Dorsten hat eine Aschebahn, die für leistungsorientierten Sport nicht dauerhaft geeignet ist. Es fehlen aber die Möglichkeiten, mal eben eine Tartanbahn zu legen.

Hat dir während deiner Zeit in Dorsten etwas gefehlt?

Nein, nichts. Professioneller Leistungssport braucht mehr als eine passende Trainingsstätte: gut ausgestattete Krafträume, Physiotherapeuten, psychologische Betreuung – einfach eine ganz andere Art von sportlicher Entourage um mich auf Wettkämpfe vorzubereiten. Und die gibt es nur an den olympischen Stützpunkten, wie eben in Dortmund. Kleine Vereine können das nicht bieten, müssen sie aber auch nicht. Nicht jeder möchte Leistungssport machen.

Wie verdient man im Leistungssportlerin eigentlich Geld?

Hauptsächlich mit Sportförderungen und Sponsoring. Im Verbandskader gibt‘s eine monatliche Sporthilfe, im internationalen Leistungssport kommen Sponsoren wie etwa Puma hinzu, die Ausrüstung und finanzielle Prämien für verschiedene Leistungen stellen. Mehr Erfolg, mehr Geld, das ist die Formel. In einem leis- tungsstarken Jahr kommt man gut über die Runden. Außerhalb des Kaders wird es schwieriger. Was ist dein persönlich größter sportlicher Erfolg? Im Hochsprung gibt es die magischen Marken 1,90 m und 2 m, die als Meilensteine gelten. Mit meinem derzeitigen Rekord von 1,98 m habe ich eine dieser Marken geknackt – mein persönlich größter Erfolg. Was kommt als nächstes? Natürlich will ich die 2 m springen. Und ich will nächstes Jahr für Olympia in Paris an den Start gehen – das sind meine Ziele.

Im Leistungssport gehen Erfolg und Niederlagen Hand in Hand, oder?

Ohja. Hochsprung ist ein verletzungsanfälliger Sport. Ist man „zu schlecht“, fliegt man raus. Ist mir auch schon passiert. Das bedeutet: Keine Förderungen mehr. Zum Glück habe ich noch einen zweiten Job und somit ein finanzielles Standbein. Nur auf den Sport zu setzen, kann schmerzlich sein. Man fängt quasi von vorn an, um im Kader aufgenommen zu werden. Jeder hat wahrscheinlich schon einmal darüber nachgedacht, einfach aufzuhören. Dieses emotio- nale Auf und Ab wiederholt sich jedes Jahr. In dieser Saison habe ich meinen aktuellen Rekord aufgestellt und mir so erneut einen Platz im Kader gesichert.


Was nervt am Leistungssport?

Es ist ric htig und wichtig, aber: Die Doping-Kontrollen. Ich muss kontinuierlich in einer App meinen Aufenthaltsort angeben und sicherstellen, dass ich innerhalb einer Stunde zuhause bin. Die Kontrolleure kommen unangekündigt, begleiten einen beim Pinkeln und sitzen, falls es mal nicht sofort läuft, auch gern ein paar Stunden mit am Frühstückstisch.

"Ich will nächstes Jahr für Olympia in Paris an den Start gehen."
Christina Honsel

 

Das Interview führte Karoline Jankowski

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