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Der dirigierende Paradiesvogel
Hans von der Forst. Foto: Markus Mucha

Der dirigierende Paradiesvogel

Lesedauer: ca. 3 Min. | Text: Michael Polubinski

Vor Jahren ist die Idee vom „Rock Orchester Ruhrgebeat“ geboren worden. Was Hans von der Forst aus Dorsten bis heute damit zu tun hat.

Wie abgedreht muss ein Musiker sein, der sein Schlagzeug mit einem Hammer bearbeitete? Oder der als Beatmusiker bei Plattenaufnahmen in einem Studio bimmelnde Kuhglocken auf acht Spuren aufnehmen ließ? Das ist Hans von der Forst. Mit anerkennendem Unterton pappt ihm sein Musikerkollege Rudolf („Öl“) Peters das imaginäre Etikett „Paradiesvogel“ ans Revers, wenn er sich rückblickend erinnert. „Hans verblüffte und amüsierte uns häufig mit seinen kreativen und schrägen Ideen. Damals in den Sechzigern, als er in seiner Band German Blue Flames die Drums bediente.“

Ungläubiges Kopfschütteln bis hin zum wörtlichen Urteil „der ist bekloppt“ erntete Hans von der Forst etliche Jahre später wieder einmal: Als er nämlich verdutzten Zuhörern von seiner Idee berichtete, ein Rock Orchester gründen zu wollen. Die embryonale Vorgeschichte der Geburt: Im Vorfeld der Bundesgartenschau besichtigte der studierte Lehrer für Hörgeschädigte 1997 das Amphitheater Gelsenkirchen. Der gebürtige Gelsenkirchener sollte für das Naturkosmetikunternehmen Spinnrad ein BUGA-Programm gestalten. Auf der Bühne, ins leere Rund blickend, übermannte ihn dann diese Vision: „Auf diesen Brettern müsste ein Orchester mit Rockmusikern spielen, das ich dirigiere. Genauso habe ich es vor meinem geistigen Auge gesehen.“

Bislang 400 Konzerte

Weitere despektierliche Sprüche wie „kriegt er niemals auf die Reihe“ konnten den Traum des Barkenbergers nicht zerstören. Das „Rock Orchester Ruhrgebeat“ debütierte 1998 bei der Eröffnungsfeier der Gartenschau. Das Publikum feierte begeistert den gewaltigen Klangkörper. Inzwischen sind die 30 Musikerinnen und Musiker 400 Mal aufgetreten, darunter seit zwanzig Jahren regelmäßig im Ruhrfestspielhaus Recklinghausen. Stolz ist der
Gründungsvater auf seinen Mut, die musikalische Reise durch 50 Jahre Rockgeschichte auch in riesigen Veranstaltungsstätten wie Gruga oder KöpiArena Oberhausen zu präsentieren: „Das ist immerhin ein wirtschaftliches Risiko.“

Gaststars wie Herbert Knebel, Graham Bonney und Guildo Horn schätzen die Zusammenarbeit mit dem Orchester aus der Metropole Ruhr. Der britische Popmusiker Barry Ryan („Eloise“) sagte unmittelbar nach dem gemeinsamen Auftritt: „Hans, ich habe schon mit großen Orchestern zusammengespielt. Aber solch eine Qualität habe ich noch nie erlebt.“ Der frühere Beatmusiker Werner Kubitzki, langjähriger Weggefährte, erklärt die seit Jahren währende Anerkennung so: „Der Hans ist ins Gelingen verliebt und ist hierbei in absolute Qualität vernarrt. Da duldet er keine Kompromisse.“

Auf diesen Brettern müsste ein Orchester mit Rockmusikern spielen, das ich dirigiere. Genauso habe ich es vor meinem geistigen Auge gesehen.

Hans von der Forst

Gänsehaut garantiert

Der Gelobte analysiert den anhaltenden Erfolg wiederum so: „Das führe ich auf die handgemachte Musik zurück. Nichts wird aus der Konserve hinzugemischt. Das Orchester bietet ein abendfüllendes Powerplay an musikalischer Unterhaltung. Es haucht alten, bekannten
Titeln eine neue Seele ein.“ Die Begriffe „Seele“ und „Ehrlichkeit“ kommen im Gespräch wiederholt vor. Der Purist lässt nur Livemusik gelten. „Und das spürt und honoriert unser Publikum.“ Noch mal Werner Kubitzki, leicht grinsend: „Wer etwa beim Queen-Medley keine Gänsehaut bekommt, sollte besorgt einen Dermatologen aufsuchen.“ Hans von der Forst feiert demnächst seinen 79. Geburtstag. Wie lange gedenkt der Alt-Rocker noch aktiv die Kapelle zu managen? „Das hängt davon ab, wann der Junge da oben meinen Schlussakkord anstimmt.“ Zunächst peilt der Impresario den 28. August für den nächsten Auftritt an. An diesem Samstag soll die kulturelle Wiederauferstehung nach Corona gefeiert werden. Der Gig steigt dort, wo seinerzeit mit der verhöhnten Vision alles begann: Auf der Bühne vom Amphitheater Gelsenkirchen.

Vollgas-Rock auf der Kanalbühne: Am Samstag, 11. September, holt das Rock Orchester Ruhrgebeat das ausgefallene August-Konzert nach. Location: Amphitheater Gelsenkirchen. Ab 19:00 Uhr glühen "The Servants" vor. Ab 20:00 Uhr steigt das Hauptprogramm. Einlass ist um 17:00 Uhr.

Info
Rock Orchester Ruhrgebeat

Herr Hans von der Forst
Jägerstrasse 65
46286 Dorsten

info@rorlive.de
02369 216 55
https://www.rorlive.de/

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